Soll und Haben – Wichtige Grundbegriffe für die tägliche Arbeit als Steuerfachangestellter

„Soll und Haben“ – zwei Begriffe, die man als Steuerfachangestellter jeden Tag aufs Neue hört. Für die meisten sind diese bereits „in Fleisch und Blut“ übergangen – eine Art Selbstverständlichkeit.

Man könnte quasi davon sprechen, dass es sich hierbei um eine wesentliche Grundlage der Finanzbuchhaltung handelt. Was genau das allerdings bedeutet, werdet ihr heute von uns erfahren.

Der Vergleich liegt nah! Und dann ist die Verwirrung groß.

Soll und Haben

Sicher haben alle diese Begriffe schon mehrfach gehört. Jemand soll etwas tun. Dann wird er etwas haben. Heben wir Geld vom Bankkonto ab, so steht der Betrag auf dem Kontoauszug später im Soll. Geldeingänge auf dem Kontoauszug werden mit einem „H“ für Haben gekennzeichnet. Dies alles steht aber von der Bezeichnung her in keinem Zusammenhang zu den Begriffen „Soll und Haben“ im Rechnungswesen.

Dies ist das Erste, was man verinnerlichen muss, um große Verwirrung zu vermeiden! Was aber genau bedeutet Soll und Haben nun?

Soll und Haben brauchen wir für die Erfassung der Geschäftsvorfälle eines Unternehmens. Bereits in einem vorhergehenden Beitrag haben wir über die so genannten Buchungssätze berichtet. Und bei eben diesen Buchungssätzen bezeichnen „Soll und Haben“ die jeweilige Seite der Buchungskonten, die wir dafür verwenden.

  • Soll bezeichnet stets die linke Seite eines Buchungskontos
  • Haben bezieht sich immer auf die rechte Seite des Kontos

Dies gilt für alle Konten in der Buchhaltung gleichermaßen, um einen Buchungssatz bilden zu können.

Der Buchungssatz

Wiederholen wir noch einmal, dass jeder laufende Geschäftsvorfall eines Unternehmens im Rahmen der Finanzbuchhaltung erfasst werden muss. Dies können viele verschiedene Vorgänge sein. Ein Beispiel ist der „Kauf von Waren auf Rechnung“. Die Zahlung der Rechnung zu einem späteren Zeitpunkt wiederum ist bereits ein neuer, eigenständiger Vorgang, der zu „buchen“ ist.

Diese Geschäftsvorfälle werden durch den so genannten Buchungssatz ausgedrückt, der immer zwei Buchungskonten anspricht. Somit baut sich jeder Buchungssatz nach dem Schema „Soll an Haben“ auf.

Soll und Haben

  • Dem ersten Konto wird ein Betrag auf der linken Seite – Soll – zugerechnet.
  • Auf einem zweiten Konto erscheint der identische Betrag auf der rechten Seite – Haben –.

So heißt der Buchungssatz zu obigem Beispiel: „Wareneingang an Verbindlichkeiten“ mit einem Wert von 1.000 Euro. Das bedeutet, dass der Wert des Wareneingangs also auf der linken Seite des Kontos für Wareneingang und die entstandene Verbindlichkeit auf der rechten Seite notiert wird.

Hierbei handelt es sich um einen recht einfachen Buchungssatz. In nächsten Schritt könnte man auch gesplittete Buchungssätze bilden, wenn nämlich zwei Konten auf der einen Seite und ein einzelnes Konto auf der anderen Seite angesprochen werden müssen.

Wann nutze ich das Konto im Soll und wann im Haben?

Und welches Konto spreche ich an? Es gibt wirklich eine Menge Fragen, die sich ergeben, wenn man das erste Mal buchen möchte.

Bei der Auswahl der Konten erhalten wir gute Unterstützung durch die bereits bestehenden Kontenrahmen für die Finanzbuchhaltung (z.B. SKR03 und SKR04). Dabei handelt es sich um systematische Verzeichnisse aller Konten.

Über diese Kontenrahmen sollten alle Steuerfachangestellten verfügen. Als Tipp unsererseits sei vorgeschlagen, sich anfangs alle wichtigen und gängigen Konten zu markieren. So vermeidet man langes Suchen im Kontenrahmen. Einfach die relevanten Konten mit einem Textmarker kennzeichnen.

Kennen wir die Konten für den Buchungssatz, so müssen wir entscheiden, ob sie sich im Soll oder Haben verändern. Dies hängt von der Kontenart ab. Zu unterscheiden sind:

  • Bestandskonten

Sie verändern das Vermögen und Kapital

  • Erfolgskonten

Sie berücksichtigen die Aufwendungen und Erträge

Zu den Bestandskonten zählen alle Konten der Bilanz. Hier sind Aktiv- und Passivkonten zu unterscheiden:

Aktivkonten

  • z.B. Anlagevermögen wie Pkw, Büroausstattung, Kasse und Bankguthaben sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
  • Zugänge stehen im Soll des Kontos
  • Abgänge sind im Haben zu erfassen

Passivkonten

  • z.B. Eigenkapital, Darlehen, Verbindlichkeiten bei Lieferanten
  • Zugänge müssen im Haben gebucht werden
  • Abgänge stehen im Soll

Erfolgskonten hingegen spiegeln die Bewegungen dar, die später das Betriebsergebnis, d.h. den Gewinn oder Verlust des Unternehmens, ermitteln. Auch hier muss wieder eine Unterteilung vorgenommen werden:

Erträge

  • z.B. Umsatzerlöse, Zinserträge
  • Sie erhöhen das Ergebnis und damit auch das Eigenkapital
  • Sie werden im Haben des Kontos gebucht
  • Minderungen wie Gutschriften reduzieren die Erträge im Soll

Aufwendungen

  • z.B. Telefonkosten, Löhne und Gehälter, laufende Fahrzeugkosten
  • Diese Aufwendungen reduzieren das Betriebsergebnis und gleichermaßen das Eigenkapital
  • Somit werden alle Aufwendungen im Soll gebucht
  • Gewährte Boni, Skonti und Rabatte mindern den Aufwand und erscheinen im Haben des Kontos

Soll und Haben zusammengefasst und am Beispiel erläutert

Fassen wir noch einmal zusammen, bevor wir uns dann ein praktisches Beispiel anschauen.

Aktivkonten

  • erhöhen sich im Soll
  • mindern sich im Haben

Passivkonten

  • erhöhen sich im Haben
  • mindern sich im Soll

Aufwandskonten

  • erhöhen sich im Soll
  • mindern sich im Haben

Ertragskonten

  • erhöhen sich im Haben
  • mindern sich im Soll

Hierzu ein Beispiel

Herr Müller betreibt einen Versandhandel. Dafür kauft er Waren ein und verkauft sie an seine Kunden weiter. Die Kunden erhalten eine Rechnung und begleichen diese dann innerhalb von 7 Tagen per Banküberweisung.

Im Januar 2013 ereigneten sich folgende Geschäftsvorfälle:

Kunde Schulz bestellt Waren bei Herrn Müller für einen Wert von 250 Euro.

Der Buchungssatz lautet: „Forderungen an Umsatzerlöse 250 Euro“

  • Es handelt sich um einen Umsatzerlös für Herrn Müller.
  • Das Konto Umsatzerlöse ist ein Ertragskonto und mehr sich im Haben.
  • Zunächst hat Herr Müller eine Forderung gegenüber Herrn Schulz.
  • Das Konto Forderungen ist ein Aktivkonto, welches sich im Soll vermehrt.

Er bezahlt die mit der Ware übersandte Rechnung später per Banküberweisung.

Der Buchungssatz lautet: „Bank an Forderungen 250 Euro“

  • Die Forderung von Herrn Müller mindert sich durch den Zahlungseingang.
  • Das Konto Forderungen ist ein Aktivkonto, welches sich im Haben mindert.
  • Gleichzeitig jedoch erhöht sich sein Bankbestand.
  • Das Konto Bank ist ein Aktivkonto, welches sich im Soll vermehrt.

Herr Müller hebt am Geldautomaten 100 Euro ab und legt diese in die Kasse.

Der Buchungssatz lautet: „Kasse an Bank 100 Euro“

  • Sowohl sie Kasse als auch die Bank sind Aktivkonten der Bilanz
  • Damit wird eine Erhöhung des Kassenbestandes im Soll gebucht.
  • Eine Minderung der Bank stellt sich durch eine Buchung im Haben dar.

Von dem Geld aus der Kasse bezahlt er in einem Geschäft Bürobedarf für 12,99 Euro.

Der Buchungssatz lautet „Bürobedarf an Kasse 12,99 Euro“

  • Bürobedarf stellt für das Unternehmen einen Aufwand dar.
  • Der Aufwand wird im Soll gebucht.
  • Die Kasse ist ein Aktivkonto, welches sich stets im Haben reduziert.

Und so würde man mit allen weiteren Geschäftsvorfällen verfahren. Um jederzeit nachvollziehen zu können, wie man einzelne Aktionen gebucht hat, werden die Belege jeweils mit der entsprechenden Kontierung versehen. Dafür werden beide Konten des Buchungssatzes auf jedem Beleg notiert. Dazu schreibt man zunächst das im Soll gebuchte Konto. Danach folgt ein Schrägstrich und danach direkt das Haben-Konto.

Fazit

Habt ihr gerade eure Ausbildung zum Steuerfachangestellten begonnen oder steht noch davor, so mag euch selbst dieser Artikel über die Hintergründe von Soll und Haben noch etwas befremdlich vorkommen.

Aber seid beruhigt – so ging es uns vom Team Steuerazubi.de auch! Es wird aber nicht lange dauern, bis ihr selbst an dem Punkt angekommen seid, an dem dies alles absolut selbstverständlich ist. Dann werdet ihr euch sicher fragen, warum man sich damit anfangs so schwer getan hat.