Die Stichtagsinventur wird zum Bilanzstichtag (in der Regel der 31. Dezember) durchgeführt. Ausnahmen davon sind häufig in der Land- und Forstwirtschaft anzutreffen, da es in diesem Wirtschaftszweig häufig abweichende Wirtschaftsjahre gibt.

Die Stichtagsinventur ist ein Inventurverfahren (oder auch Inventurvereinfachungsverfahren), also eine körperliche Bestandsaufnahme.

Nach § 240 Abs. 1 und 2 HGB muss diese Inventur innerhalb von zehn Tagen vor oder nach dem Bilanzstichtag erfolgen. Zu- und Abgänge, die in diesem Zeitraum erfolgen, müssen durch eine Fort- oder Rückrechnung zum Abschlussbilanzstichtag erfasst werden, sodass die Stichtagsinventur zum 31.12. ermittelt werden kann.

Bevor ich dir nun zeige, wie diese Fort- und Rückrechnungen funktionieren, möchte ich dir noch aufzeigen, was die Vor- und Nachteile der Stichtagsinventur sind:

Vorteile

  • zeitliche Nähe zum Abschlussstichtag
  • geringe Fehlerquote
  • zeitlicher Spielraum von 20 Tagen, damit die Inventur nicht zwingend direkt am Bilanzstichtag durchgeführt werden muss

Nachteile

  • enge Zeitbegrenzung
  • hoher personeller Aufwand bei der Inventur
  • häufig mit Unterbrechung des Betriebs verbunden

Übungsaufgaben für die Vor- und Rückrechnung der Stichtagsinventur

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Aufgabe 1

Im Malereibetrieb G. von Knießbach wird eine zeitlich verlegte Inventur durchgeführt. Am 22. Dezember beträgt der Bestand an Tapetenrollen laut Inventur 80 Stück. Der Bestand wird bis zum 31. Dezember fortgeschrieben.

Berechne den Bestand zum 31. Dezember, wenn in der Zwischenzeit 20 Rollen hinzugekommen sind und 15 verbraucht wurden und gebe den mengen- und den wertmäßigen Wert des Bestandes an, wenn der Einstandspreis je EUR 60,00 beträgt.[/us_message]

Lösung aufklappen

Zwischen dem 20. Dezember und dem 31. Dezember kommen 20 Rollen hinzu und 15 Rollen verlassen das Lager – es ergibt sich also eine Differenz von 5 hinzugekommenen Tapetenrollen.

Der Inventurbestand beträgt also am 31. Dezember 80 + 20 – 15 = 85 Tapetenrollen. Das ist der mengenmäßige Bestand.

Den wertmäßigen Bestand ermittelst du, indem du die 85 Tapetenrollen mit dem jeweiligen Wert von EUR 60,00 multiplizierst. 85 * EUR 60,00 = EUR 5.100,00.

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Aufgabe 2

Das Gartencenter Schumann KG führt am 10. Oktober die Stichtagsinventur durch und hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr. Der Abschlussstichtag für das Gartencenter Schumann KG ist der 30.09. gewesen. Es wird ein Bestand von 17 Bonsaibäumen zu je EUR 33,00 festgesetzt. Bis zum 10. Oktober wurden 5 Bäume verkauft und am 29. September wie auch am 2. Oktober kamen Lieferungen mit je 3 Bonsaibäumchen an.

Berechne den mengen- und wertmäßigen Bestand am Abschlussstichtag.[/us_message]

Lösung aufklappen

Diese Aufgabe ist etwas schwieriger als die vorangegangene. Zunächst muss man sich im Klaren sein, dass vom 10. Oktober zum 30. September zurückgerechnet wird. Wird also im zeitlich umgekehrten Verlauf etwas geliefert, ziehen wir diese Menge in unserer Rechnung nach dem Abschlussstichtag ab. Wird etwas verkauft, addieren wir diesen Betrag.

Durch die Verkäufe der Bonsaibäume ergibt sich eine Rechnung von 17 + 5 = 22 Bäume, denn wir wollen den Bestand zum Stichtag (zum Zeitpunkt vor den Verkäufen) ermitteln.

Es verbleiben noch die Zugänge: Eine Lieferung mit 3 Bonsaibäumen ist vor dem Bilanzstichtag und eine Lieferung ist nach diesem Tag erfolgt. An dieser Stelle stellt uns die Aufgabe eine Falle: Was vor dem 30. September geschehen ist, interessiert uns bei dieser Rückrechnung der Stichtagsinventur nicht!

Wir rechnen also 22 – 3 = 19.

Es müssen 19 Bäume zum Bilanzstichtag vorhanden gewesen sein. Mit einem Wert von je EUR 33,00 ergibt sich ein wertmäßiger Bestand der Bonsaibäume von 19 * EUR 33,00 = EUR 627,00.

Liegt dir die Korrekturrechnung oder kommst du noch durcheinander? Hast du Fragen zur Stichtagsinventur, die ich nicht beantwortet habe? In unserem Forum helfe ich dir gerne weiter.